Regenschirme retten die Innenstädte

Norderstedter Einzelhandel lässt Kunden nicht im Regen stehen

Der Einzelhandel hatte die Tücken der schönen neuen Welt bereits zu spüren bekommen, als an die Industrialisierung 4.0 noch nicht einmal zu denken war. Wachstum findet schon seit etlichen Jahren nur noch bei der Konkurrenz im Online-Handel statt.

Den verzweifelten Kampf gegen die Verödung der Innen- und Vorstädte müssen die lokalen Geschäfte jedoch nicht in aller Einsamkeit bestreiten. Neben vielen selbst gegründeten Initiativen greifen der geplagten Branche vielerorts auch professionelle Quartiermanager unter die Arme.

In Sachen Wirtschaftsförderung tüfteln die entsprechenden Experten bisweilen auch etwas unkonventionell anmutende Maßnahmen aus; seit wenigen Tagen werden etwa in Norderstedt kostenlos verfügbare Leih-Regenschirme mit der anspruchsvollen Aufgabe betraut, die vom Aussterben bedrohte City zu retten.
Dabei ist der Regenschirm natürlich schon seit jeher als ein inoffizieller Schutzpatron der Einzelhändler bekannt: Umfangreiche Studien wollen schließlich herausgefunden haben, dass sich potenzielle Kunden bei Schietwetter ganz besonders ungern aus dem Haus bequemen.

Wie das Stadtmagazin Norderstedt wissend beklagt, ist die fünftgrößte Stadt Schleswig-Holstein dummerweise selbst in jenen Monaten unerhört oft von Wolkenbrüchen betroffen, in denen laut Kalender nun wirklich nicht damit zu rechnen ist.

Wolkenbrüche als Ärgernis

Aufgrund dieses permanenten Ärgernisses sind die Quartiermanager vom PACT Norderstedt-Mitte nun auf den Regenschirm gekommen. Teilnehmende Betriebe bekommen fortan neben einem werblichen Aufkleber auch je fünf in einem einheitlichen Grün gehaltene Stockschirme ausgehändigt.
Den von einem Regenschauer überraschten Kunden wird das Leben dann so einfach wie nur irgend möglich gemacht, die sich etwa der entliehenen Schirme an jeder der vorerst 40 Stationen wieder entledigen können. Zunächst wird aber sogar die Nutzungsdauer ganz in das Ermessen der vorübergehenden Besitzer gelegt.
Wenngleich die Regenschirme eigentlich nicht als Werbegeschenke vorgesehen sind, wird ein gewisser Schwund somit von Beginn an einkalkuliert; ähnliche Initiativen in anderen Städten haben nämlich schnell die Erfahrung gemacht, „dass manche Menschen alles gebrauchen können“. Um aus dieser Zitrone Limonade zu machen, kommen die Regenschirme gleich fabrikfertig als verkappte Werbeträger daher; schließlich sei es für Norderstedt auch ein Gewinn, wenn die eigene Shoppingmeile beispielsweise in Hamburg oder Bad Segeberg in Erinnerung gerufen werde.

Angesichts der zunächst einmal nur spärlich in Umlauf gebrachten Stückzahlen dürfte allerdings bald Ebbe in den Schirmständern herrschen, sollten die Schirme tatsächlich bevorzugt in den Einkaufsstraßen etwas größerer Metropolen sehen und gesehen werden wollen.

Um beim nächsten Wolkenbruch nicht leer auszugehen, greifen weitsichtige Einkäufer deshalb vielleicht doch lieber gleich auf andernorts erstandene echte Werbegeschenke zurück, die dann im besten Falle sogar in der fraglos einkaufstauglicheren Variante „Taschenschirme“ in Besitz genommen werden können.