Schirmmacher Hertault zeigt wahre Schätze

Regenschirme im Spielzeug Welten Museum Basel

Dass Regenschirme ehrwürdige Kulturgüter sind ist, dürfte in Anbetracht ihrer rund 4000-jährigen Geschichte unbestritten sein: Folglich hat es sich das Spielzeug Welten Museum Basel zu Aufgabe gemacht, den interessierten Besuchern ein paar besonders exklusive beziehungsweise originelle Modelle aus den seligen Zeiten der Ururgroßväter zugänglich zu machen. In der Sonderausstellung Schirme – vom Alltagsobjekt zum Gegenstand kann ab dem 24. Oktober 2015 ein Blick in die private Sammlung des Pariser Meister-Schirmmachers Michel Heurtault geworfen werden.

Auch hierzulande dürfte der Name Heurtault so manchen Zeitgenossen ein Begriff sein, die sich etwas intensiver mit dem Kosmos der französischen Modewelt beschäftigen; als Meister einer aussterbenden Zunft wurde der 50-Jährige unter anderem bereits von der FAZ mit einem ausführlichen Porträt geadelt. Hatte der einstmals bei Christian Dior beschäftigte Heurtault zu Beginn seiner Selbstständigkeit zunächst für historische Filme die benötigten zeitgenössischen Regenschirme restauriert, sind in dessen Showroom mittlerweile auch viele eigene Kreationen zu sehen, die sich – natürlich vollständig handgefertigt – der modernen Wegwerfgesellschaft widersetzen.

Während manche in Fernost als Werbegeschenke hergestellten Schirme oftmals nicht einmal die erste Windböe überstehen, zeichnen sich etwa die von Heurtault aus Königsholz gefertigten Modelle mit einer Lebensdauer von über 300 Jahren aus. Dass man bei Kauf eines solchen Regenschirms in Generationen denkt, kann selbst die erwartungsgemäß im obersten Preissegment angesiedelten Kosten als nachvollziehbar erscheinen lassen. So gilt es, mindestens 350 Euro für Stockschirme zu berappen (Taschenschirme stellt der Meister nicht her); fließen in die Herstellung des Schmuckstücks darüber hinaus auch noch individuelle Wünsche und Vorstellungen ein, ist dann aber auch schnell einmal ein vierstelliger Betrag auf dem Preisschild zu finden.

In der Ausstellung des Spielzeug Welten Museum Basel werden auch solche eigenhändig von Michel Heurtault gefertigten Modelle zu sehen sein, für die Schirm-Liebhaber normalerweise dessen Showroom in der französischen Hauptstadt aufsuchen müssen. Das Herzstück der Ausstellung stellen allerdings solche Exemplare dar, die auch tatsächlich das Prädikat „museumsreif“ verdienen. Selbst bei den aus den Jahren 1750 bis 1970 stammenden Exponaten hatte der Schirmmacher jedoch oftmals seine Finger im Spiel – schließlich wurden diese aufwändig restauriert, um etwa dem einen oder anderen Film von Woody Allen den benötigten historischen Charakter zu verliehen.

Der Rundgang durch die Sonderausstellung lässt allerdings keinen Zweifel daran, dass die gezeigten Regenschirme keineswegs erst durch die Zweitverwertung der Leinwand-Industrie zu mittlerweile einzigartigen Kostbarkeiten werden: Während heutzutage zahlreiche Werbeschirme sowie leider auch lieblos produzierte Taschen- und Stockschirme aus dem Niedrigpreissektor den Regenschirmmarkt via Discounter fluten, waren in den vergangenen Jahrhunderten auch weniger gut situierte Konsumenten gern bereit, beim Kauf ihres Regenschutzes etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Kunstvoll verzierte Knäufe, edle Stoffe und schmückende Stickereien hatten den Schirmen damals eine heute kaum noch vorstellbare individuelle Note verliehen.

Als ältestes der insgesamt rund 400 Exponate ragt aus der Ausstellung im SWMB die Erfindung von Jean Marius heraus, der mit seinem dreifach faltbaren Regenschirm als einer der geistigen Väter der heutigen Taschenschirme gilt: Der berühmte Sonnenkönig Ludwig XIV. zeigte sich von dessen Idee derart angetan, dass er Marius zu Beginn des 18. Jahrhunderts für fünf Jahre die exklusiven Markenrechte für die nun ausgestellte Konstruktion gewährte.

Bis zum 3. April 2016 wird Besuchern die Sammlung von Michel Heurtault in der Steinenvorstadt 1 täglich zugänglich gemacht. Der Eintrittspreis von 7 CHF (ermäßig 5 CHF) gestattet es zudem, auch den anderen Sammlungen im Spielzeug Welten Museum Basel die Aufwartung zu machen. Fazit: Hingehen!