Regenschirme für den Flüchtlingsschutz
Umbrella March für Flüchtlinge
Schon seit der Jahrtausendwende wird auf Anregung der Vereinten Nationen alljährlich am 20. Juni der Weltflüchtlingstag begangen: Der vermehrte Zustrom flüchtender Menschen nach Europa hat zur Folge, dass dieses Datum auch in unseren Breitengraden zunehmend an Bedeutung gewinnt. Rund um das dritte Juni-Wochenende haben zahlreiche gemeinnützige Organisationen die prekäre Situation der Asylsuchenden bei kulturellen Veranstaltungen, Diskussionsrunden und multikulturellen Festen in den Blickpunkt gerückt – und beim „Umbrella March“ wurde den Hilfesuchenden in etlichen Städten symbolisch ein Regenschirm aufgespannt.
Schon zum fünften Mal rief der „European Umbrella March“ dazu auf, in weltpolitisch stürmischen Zeiten gerade auch den Schwächsten ein schützendes Dach über dem Kopf zu gewähren: Rund um den Weltflüchtlingstag kamen hierfür unter anderem in Linz, Salzburg, Bregenz, Innsbruck, St. Pölten Villach, Amstetten und Oberwart hunderte Menschen mit ebenso vielen Regenschirmen zusammen. Unter der Schirmherrschaft von Organisationen wie Amnesty International und der Caritas wurde die Einhaltung der weltweit verbrieften Rechte von Flüchtlingen angemahnt: Mit Blick auf die dramatischen Zustände auf dem Mittelweg forderten die Marschierenden insbesondere zur Öffnung sicherer Fluchtwege nach Europa auf.
Forderungen finden prominente Fürsprecher
Darüber hinaus traten die Umzüge für eine Verstärkung der Bemühungen ein, als Flüchtlinge anerkannte Menschen in die Gesellschaft zu integrieren. Dabei machte mit dem Karikaturisten Gerhard Haderer einer von vielen prominenten Unterstützern darauf aufmerksam, dass Verbesserungen der aktuellen Situation nicht zuletzt auch im Interesse der einheimischen Bevölkerung sind: „Wir sind aufgrund unserer technologischen Möglichkeiten durchaus in der Lage, logistische Schienen zu entwerfen, damit es anderen Menschen auch besser geht. Das muss die Stoßrichtung für die Zukunft sein. Und nicht nur aus Gutmenschentum, sondern auch zum Selbstschutz.“
Während Haderer sich mit rund 1.000 Linzern am größten „Umbrella March“ beteiligte, riefen auch andernorts prominente Unterstützer wie die hervorragenden Kabarettisten Sterman und Grissemann oder die Filmemacherin Nina Kusturica zum Griff nach dem Regenschirm auf. In der österreichischen Hauptstadt schloss sich selbst der Bürgermeister Michael Häupl zentralen Forderungen des Aktionstages an. Dennoch wurde ausgerechnet in Wien kurzfristig auf den geplanten Umzug mit orangefarbenem Stockschirm verzichtet; bei sonnigem Kaiserwetter breiteten die verhinderten Spaziergänger stattdessen ihre Decken zu einem öffentlichen Picknick aus.
Die symbolische Kraft der Regenschirme
Mit der Beschränkung auf die kulinarischen Genüsse scheinen die Wiener allerdings ein bisschen die Zeichen der Zeit zu verkennen: Schließlich war in der jüngeren Vergangenheit bereits in ganz verschiedenen Zusammenhängen zu beobachten, dass sich der Regenschirm zunehmend als ein Symbol des Widerstands erweist. So haben etwa schon im Herbst 2014 die hierzulande als Regenschirm-Revolution bekanntgewordenen Proteste in Hongkong weltweite Beachtung erfahren, bei denen sich eine breite Bürgerbewegung die zu starke Einflussnahme des in Peking ansässigen Nationalen Volkskongresses verbat.
Derweil die Regenschirme beim „European Umbrella March“ jedoch nur eine symbolische Botschaft transportierten, kam diesen in Hongkong zugleich auch eine ganz praktische Bedeutung zu: Wurden die Schirme nämlich zunächst lediglich als Schutz vor der Witterung mitgeführt, machten sich diese bald darauf vielmehr noch zur Abwehr des von der Polizei allzu großzügig eingesetzten Pfeffersprays bezahlt. Sehr viel weniger öffentliche Aufmerksamkeit hat dagegen vor einigen Tagen ein „Umbrella March“ in Vancouver erfahren – an der Westküste Kanadas zeigten sich Mitte Juni ein paar Dutzend Sexarbeiterinnen um die Entkriminalisierung der Prostitution bemüht.