Patrick Macnee ist tot

Er machte Melone und Regenschirm salonfähig

Das Bild des britischen Gentleman wurde in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts maßgeblich von Patrick Macnee geprägt. Er wurde am 6. Februar 1922 in Paddington, London, im Vereinigten Königreich geboren. Obwohl die hierzulande unter dem Titel „Mit Schirm, Charme und Melone“ ausgestrahlte Serie „The Avengers“ bereits in den 1960er-Jahren über den Bildschirm flimmerte. Auch deutlich später geborene Generationen konnten etwas mit dem Namen John Steed anzufangen. Die insgesamt 161 Episoden des bunten Genre-Mix aus Krimi, Action und Science-Fiction waren zukunftsweisend.

Deren Kult-Charakter ist auf die Unverwechselbarkeit des Protagonisten zurückzuführen – der ohne Bowler Hat und Regenschirme gar nicht vorstellbar erschien.

 

Sir Roger Moore twittert zum Tod von Patrick Macnee

 

„Verwachsen“ mit dem Regenschirm

John Steed dürfte der erste fiktive britische Agent gewesen sein, der die besonderen Talente der Regenschirme erkannte. Seit dieser seinen ständigen Begleiter dazu nutzte, um sich immer wieder elegant aus heiklen Situationen zu befreien, ist der Requisite ein fester Platz in jeder Waffenkammer sicher. So kamen Schirme wie selbstverständlich auch in dem in diesem Frühjahr in die deutschen Kinos gekommenen Streifen „Kingsman – The Secret Service“ als unverdächtige Waffe vor. Folglich ist das ursprünglich nur dem Regenschutz dienende Utensil inzwischen wohl der deutlichste Hinweis darauf, dass mit vornehm gekleideten englischen Herren nicht gut Kirschen essen ist.

Für Patrick Macnee hat sich die Kombination aus Schirm, Charme, Melone und Regenschirm dabei als ein zweischneidiges Schwert erweisen. Während ihm die Erfolgsserie aufgrund des Besitzes anteiliger Verwertungsrechte noch nach Jahrzehnten ein einträgliches Auskommen sicherte, stand der durchschlagende Erfolg seiner Paraderolle späteren Triumphen auf der Leinwand oftmals im Weg. Die Zuschauer verbanden mit dem Gesicht des Schauspielers stets den britischen Geheimagenten. Deswegen musste er sich im gesetzteren Alter zumeist mit Nebenrollen und Gastauftritten begnügen. Selbst die Höhepunkte des „Alterswerks“ – etwa in „Im Angesicht des Todes“ – waren in aller Regel als eine Hommage an John Steed zu verstehen. Fun Facts: Einen kurzen Gastauftritt hatte Macnee Videoclip zum Song Don’t Look Back in Anger von Oasis. Bis zu seinem elften Lebensjahr musste er den Kilt tragen, obwohl die Familie in Südengland wohnte.

Als US-amerikanischer Staatsbürger verkörperte Macnee den Muster-Briten

Dabei entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass der eng mit der britischen Heimat verbundene Erfolg gänzlich konträr zur eigenen biographischen Lebenslinie verlief. Der in der südenglischen Provinz aufgewachsene Macnee hatte der Insel aufgrund der ausbleibenden Rollen früh den Rücken gekehrt. In Kanada sowie den Vereinigten Staaten wagte er einen Neuanfang. Erst nach der Annahme der US-amerikanischen Staatsbürgerschaft wurde der mittlerweile 39-Jährige für die Produzenten in der Heimat so richtig interessant. Dass Macnee jedoch ab 1961 in „Mit Schirm, Charme und Melone“ Fernsehgeschichte schrieb, schien einer möglichen Karriere an seinem neuen Lebensmittelpunkt in Hollywood den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Zur tragischen Geschichte kann die Biographie von Patrick Macnee aber natürlich dennoch nicht einmal ansatzweise taugen; schließlich brachte ihm die Verkörperung des Agenten John Steed nicht nur einen festen Platz in der Ahnenreihe unsterblicher TV-Helden ein. Auch in privater Hinsicht hat der Engländer nach anfänglichen Turbulenzen letztlich doch die Rolle seines Lebens gefunden. Nach zwei gescheiterten Ehen lebte er seit 1988 bis zu deren Tod mit Baba Majos de Nagyzsenye zusammen. Auf seinem Anwesen in Kalifornien fanden zudem die beiden Kinder aus erster Ehe Unterschlupf. Als Macnee  am 25. Juni 2015 im hohen Alter von 93 Jahren verstarb, schaute er also auf ein rundum gelungenes Leben zurück. Jeder Regenschauer dürfte dafür sorgen, dass man sich auch künftig beim Aufspannen des Regenschirms seines größten Geniestreichs erinnert.