Regenschirme und minimalistisches Design

Eco Brolly – ein Regenschirm, der sich jeden Tag neu erfindet

Mittlerweile dürfte kaum noch jemand ernsthaft bestreiten, dass die Natur prinzipiell eine schützenswerte Sache ist. Folgerichtig haben sich längst Heerscharen von Produktentwicklern dem hehren Ziel verschrieben, Konsum und Umweltschutz miteinander zu versöhnen. Somit war es nur eine Frage der Zeit, bis einer dieser Designer irgendwann auch Regenschirme kräftig in die ökologische Mangel nimmt – und richtig: Wie der Blick in die Archive zeigt, hat es sich ein Produkt namens Eco Brolly bereits vor ein paar Jahren in dieser vermeintliche Marktlücke bequem gemacht.

Dass das vorläufige Meisterstück der in London lebenden Designerin Shiu Yuk Yen bislang jedoch weder in der englischen Hauptstadt noch andernorts das Straßenbild revolutionierte, könnte natürlich durchaus auf das fehlende Umweltbewusstsein des gemeinen Großstädters zurückzuführen sein. Andererseits hat es der „Eco Brolly“ vielleicht aber auch nur deshalb nicht in die Regale der einschlägigen Fachhändler geschafft, weil dieser Regenschirm den potentiellen Käufern einfach etwas zu viel modischen Gleichmut abverlangt.

Ein Fest für Individualisten

Dabei bräuchte es eigentlich nur etwas kreatives Geschick, um aus dem ökologischen Regenschirm einen echten Hingucker zu machen: Da dieser zunächst lediglich aus einer Kunststoff-Halterung samt herausziehbareren Teleskopstab besteht, ist es schließlich allein den Besitzern überlassen, welcher Bezugstoff vor dem nächsten Regenschauer schützen soll. Die Designerin selbst schlägt vor, im Bedarfsfall auf der zum Lieferumfang gehörenden Schraube eine Tageszeitung zu fixieren – da sich Papier in Verbindung mit Wasser jedoch ausnahmsweise einmal als nicht ganz so geduldig erweist, kommt hier natürlich ebenso auch eine Plastiktüte als widerstandsfähigere Alternative in Frage.

Da es sich bei dem „Eco Brolly“ um ein Recycling-Genie handelt, sind der Phantasie bezüglich der bevorzugten Materialien aber auch über diese Anregungen hinaus keinerlei Grenzen gesetzt: So böte etwa Foodbloggern das Herumtragen von Pizzakartons die Chance, die Mitmenschen auch jenseits von Facebook & Co über den aktuellen Menüplan in Kenntnis zu setzen. Praktisch denkende Zeitgenossen greifen dagegen auf all das zurück, was Spaziergängern bei einem Sturm ohnehin gerade so zufällig um die Ohren fliegt – und müssen sich folglich nie wieder vor einem Regenschauer fürchten.

Noch fehlt es an der passenden „Eco-Kleidung“

Dummerweise dürfte sich in den allermeisten Kleiderschränken jedoch wohl kaum ein Outfit finden lassen, welches sich beispielsweise mal eben mit der aktuellen Ausgabe der BILD-Zeitung kombinieren lässt: Höchstwahrscheinlich fallen den meisten Menschen vom Chef bis zur attraktiven Nachbarin zudem gleich auf Anhieb jede Menge Bekannte an, denen man mit einem solchen Provisorium lieber nicht auf der Straße begegnen möchte. Ungeachtet dieser Kritikpunkte vermag ein ökologischer Regenschirm aber zumindest dem kriselnden Journalismus eine neue Perspektive bieten – immerhin entkräftet er den oft gehörten Vorwurf, dass so manche Zeitung mangels gehaltvoller Inhalte allenfalls als Toilettenpapier Verwendung finden kann.

Da es sich bei diesem Schirm jedoch „nur“ um ein mehrfach prämiertes Kunstprojekt gehandelt hat, vermag die Designerin sicherlich gut mit der mangelhaften Akzeptanz ihrer Erfindung zu leben. Allerdings ist es nicht auszuschließen, dass ihrem Regenschirm per Umweg über Südamerika demnächst möglicherweise doch noch der große Durchbruch gelingt. In Ecuador ist nämlich die „Extra Newspaper“ dazu übergegangen, ihre täglichen Ausgaben in Regenzeiten mit einem zusätzlichen Plastikfilm zu überziehen: Und die Abonnenten dieser „Umbrella Newspaper“ dürften sich vermutlich auch nach dem „Eco Brolly“ alle fünf Finger lecken.