Schirmhandel: fette Jahre sind vorbei?
Das Jugendportal des Handelsblatts „Orange“ nahm das Kaiserwetter zum Anlass, sich spaßeshalber nach klassischen Sonnenverächtern umzuschauen – und im Ergebnis kann es kaum überraschen, dass man/frau vor allem im stationären Regenschirmhandel über den wolkenlosen Himmel klagt.
Angesichts von täglich nur fünf zu bedienenden Kunden herrsche in den Sommermonaten zwar ganz besonders tote Hosen; sogar an Regentagen schauen sich demnach aber immer mehr potentielle Käufer nach kostengünstigeren Alternativen um.
Nach der Beobachtung der Ladenbesitzerin gingen vor allem junge Menschen mit Vorliebe den unter anderen in Drogerien erhältlichen Billigschirmen auf den Leim – und selbst der beratende Fachhandel brächte bei dieser „Lost Generation“ allenfalls günstige Taschenschirme im Gegenwert von maximal 20 Euro an den Mann bzw. die Frau.Insofern stellt es immerhin einen echten Glücksfall dar, dass die Gesellschaft zunehmend vergreist: Gerade Käufer im Herbst ihres Lebens wüssten nämlich noch immer den besonderen Wert eines hochwertig verarbeiteten Regenschirms zu schätzen.
Stilbewusste Senioren machen für die geliebten Stockschirme deshalb gern auch einmal etwas höhere dreistellige Beträge locker: Eine Investition, die den Laden von Frau Funke aber wohl gleichfalls nur mehr schlecht als recht am Leben hält.Der Überlebenskampf sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass der Kauf eines Regenschirms als allgegenwärtiges Accessoire mittlerweile als verzichtbar angesehen werden: Noch vor ein paar Jahrzehnten hätte jede vernunftbegabte Dame zu jedem Outfit den farblich abgestimmten Schirm besessen. Heute hoffe man anscheinend eher darauf, hochwertige Regenschirme mit Logo als Werbegeschenk zu erhalten.
Denn das Straßenbild werde mehr und mehr von als Werbeartikel in Verkehr gebrachten Regenschirmen geprägt – und da diese Werbegeschenke an immer größerer Raffinesse und Qualität gewinnen, dürfte diese Entwicklung so schnell auch nicht mehr einzufangen sein. Auf den beobachtenden Verfall der Sitten hat Schirm Brüggemann mit einer umfassenden Erweiterung des Sortiments reagiert; mit dem Verkauf von Gehstöcken, Taschen und Mützen lassen sich sukzessive gänzliche neue Einkommensquellen erschließen.
Dennoch stellen sich noch immer spontane Regenschauer als wichtigster konjunktureller Motor für das Fachgeschäft heraus; gießt es etwa an Sommertagen plötzlich wie aus Kübeln, werden wie von Geisterhand in kürzester Zeit unzählige Kunden in den Laden gespült.