Präsident, Sikorsky und ein Regenschirm

Marines lassen Präsident Obama im Regen stehen

Selbst dem nach dem allgemeinen Dafürhalten mächtigsten Mann der Welt bleiben unberechenbare Wetter-Kapriolen bisweilen nicht erspart. Als Barack Obama vor wenigen Tagen von einem Trip nach New Jersey standesgemäß im Helikopter des U.S. Marine Corps dem Weißen Haus entgegen schwebte, hatte sich am Himmel über dem Amtssitz einiges zusammengebraut. Nach der Landung im strömenden Regen stellte sich jedoch überraschenderweise heraus, dass sich an Bord der Marine One nicht genug Regenschirme befanden. Für den Präsidenten der Vereinigten Staaten bot dies eine vermeintlich günstige Gelegenheit, sich als ganz besonders fürsorglicher Landesvater zu präsentieren.

Präsident Obama verlässt mit Regenschirm einen Hubschrauber

Obama und ein einziger Regenschirm an Bord – es fängt harmlos an…

Eine nett gemeinte Geste wird zum Bumerang

Hat das Protokoll üblicherweise vorgesehen, dass sich der amerikanische Präsident im souveränen Alleingang vom Landeplatz zum Weißen Haus begibt, während die weiteren Begleiter mit gebührendem Abstand folgen, winkte der längst vom besagten Schirm geschützte Obama mit Senior Adviser Valerie Jarrett und der stellvertretenden Stabschefin Anita Breckenridge zwei Mitarbeiterinnen herbei, um auch diese halbwegs trockenen Fußes an die Schwelle seiner Residenz zu führen. Der Eindruck der Fürsorglichkeit wurde noch durch das Einhaken von Breckenridge verstärkt, welche dieses Angebot prompt mit einem fast schon mütterlich wirkenden Habitus erwiderte.

Nun könnte man Präsident Obama gut und gerne zu diesem PR-Coup gratulieren, glitten die üblichen politischen Auseinandersetzungen in den Vereinigten Staaten nicht oftmals schnell ins Abseitige ab: Da es bei den verbalen Scharmützeln zwischen den Anhängern der Demokraten und Republikaner zumeist eben nicht um knallharte Sachthemen geht, flammten unter dem von den »ABC News« auf Facebook geposteten Video-Ausschnitt heftige Diskussionen über die fehlende Kinderstube des Präsidenten auf. Insbesondere Vertreter des konservativen Lagers warfen Obama im Brustton der Überzeugung vor, ein besonders respektloses Exemplar der männlichen Gattung zu sein – schließlich hätte jeder echte Gentleman den beiden Damen den plötzlich zum Zankapfel gewordenen Stockschirm gleich zur Gänze überlassen.

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Wie in dem kurzen Film zu sehen, werden der Präsident und seine Begleiterinnen auch mit dem Langschirm ziemlich nass, da der verwendete Regenschirm (immerhin öffnet er „automatisch“auf Knopfdruck) lediglich einen Durchmesser von ca. 105 cm (bzw. 41 in.)  aufweist. Üblicherweise hält man für „solche Anlässe“ aber einen Gästeschirm oder Portierschirm mit Durchmesser von mindestens 120 cm bereit.

Müssen dem Marine Corps jetzt Regenschirme gespendet werden?

Diesseits des Atlantiks wird dagegen wohl vielmehr erstaunt zur Kenntnis genommen, dass offenbar auch die US-amerikanischen Streitkräften mit einer mangelhaften Ausstattung zu kämpfen haben: Hat man sich hierzulande längst daran gewöhnt, dass die Bundeswehr in Übungen aufgrund fehlender Ausstattung mit angemalten Besenstielen aufeinander schießt, wäre es doch aber wenigstens von dem großzügig subventionierten Militär der Vereinigten Staaten nicht zu viel erwartet gewesen, die Maschine des Präsidenten auch noch mit dem einen oder anderen Regenschirm zu bestücken. Eventuell kämen dafür ja auch überlassene Regenschirme mit angemessenen Werbe-Aufdrucken in Frage.

Nach den allgemeinen Empfehlungen des in Bonn ansässigen „Deutschen Knigge-Rat“ hat sich zumindest aber Barack Obama ungeachtet aller Vorhaltungen kein unverzeihliches Fehlverhalten vorzuwerfen; demnach sei es infolge der auch in der Arbeitswelt gelebten Gleichberechtigung gar nicht mehr unbedingt vonnöten, den eigenen Schirm mit dem schöneren Geschlecht zu teilen. Bei seinem Einsatz als Schirmträger ließ der Präsident allerdings einen weiteren Hinweis der Benimm-Experten außer Acht; immerhin wurde vom Knigge-Rat eindringlich davor gewarnt, dass ein gegenseitiges Einhaken unter einem Regenschirm schnell distanzlos wirken kann.