Regenschirme und die Musikindustrie
Mit Frau Fenty unter’m Regenschirm
Wenngleich dieser kleine Regenschirme Blog üblicherweise die bemerkenswertesten Ergüsse der hiesigen Presseerzeugnisse zum Thema hat, lassen auch wir uns bisweilen gern einmal einfach nur berieseln: Da das Radio eigens aus dem Zweck dieser harmlosen Zerstreuung auch in Zeiten von Napster, Spotify & Co noch immer seine Existenzberechtigung erfährt, hörten wir uns mit dessen Hilfe in den vergangenen Tagen wiederholt an einem Ohrwurm fest, der mittlerweile schon seit acht Jahren nicht mehr aus der herbstlichen „heavy rotation“ wegzudenken ist:
Seit Rihanna anno 2007 mit „Umbrella“ weltweit die Charts im Sturm eroberte, hat sich die Ode an die Regenschirme bei etlichen privaten Radiostationen zu einem Dauerbrenner entwickelt. Kein Wunder, schließlich wird von diesem Song eine jahreszeitliche Nische zwischen dem sommerlichen One-Hit-Wonder und „Last Christmas“ besetzt. Dabei konnte es dem Erfolg des Titels noch nicht einmal einen Abbruch tun, dass er thematisch eigentlich völlig unpassend erstmals im Monat März auf der Bild- beziehungsweise den Tanzflächen erschienen war.
Allerdings wäre es Rihanna vor der Veröffentlichung wohl ohnehin gar nicht in den Sinn gekommen, dass ihr „Umbrella“ fest in einer Jahreszeit verortet werden könnte – schließlich kommt dem Regenschirm bei ihr ganz und ausschließlich eine metaphorische Bedeutung zu. So sind die barbadische Sängerin und ihr Mitstreiter Jay-Z weit davon entfernt, Stockschirme und Taschenschirme auf ihre Vorzüge und Nachteile abzuklopfen: Vielmehr wird hier der Regenschirm einmal mehr missbraucht, um sinnbildlich auf die weniger festlich anmutenden Tage des Lebens hinzuweisen.
Der von Natur aus leidensfähige Schirm wird es allerdings verkraften können, dass Rihanna ihn lediglich als eine Art nützlichen Idioten für ihren Song verwendet – zumal er sowieso nur eine zu vernachlässigende Nebenrolle spielen dürfte, wenn es um die Gründe für den durchschlagenden Erfolg der Single geht. Die erste Auskoppelung aus dem Album „Good Girl Gone Bad“ hakt sich wohl vielmehr aufgrund des bedeutungsschweren Einschubes „ella ella eh eh eh“ bis zum heutigen Tag unweigerlich im Kopf eines jeden (Radio-)Hörers fest – durchaus nachvollziehbarerweise wurde „Umbrella“ vor wenigen Jahren von britischen Musikfans deshalb auch zum „größten Ohrwurm aller Zeiten“ gewählt.
Doch obwohl „Umbrella“ in den USA, England, Deutschland & Co etliche Monate die Charts regierte, kann noch nicht einmal behauptet werden, dass die Songwriter Rihanna diesen Titel auf den Leib geschneidert hätten. Ursprünglich hatten die Produzenten schließlich angedacht, mithilfe ihres Machwerks der ins Stocken geratenen Karriere von Britney Spears wieder auf die Beine zu verhelfen. Nur weil sich Spears etwas zu lange zierte, durfte dann die praktischerweise gerade an ihrem dritten Studioalbum werkelnde Rihanna als Zweitbesetzung in die Bresche springen.
Der riesige Erfolg von „Umbrella“ konnte zwar letztlich nichts an der Tatsache ändern, dass – es fällt zugegebenermaßen schwer zu glauben – Britney Spears dennoch die erfolgreichste Sängerin des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhundert blieb; gerade aufgrund der erwiesen Ohrwurm-Qualitäten hat sich Rihanna aber vielleicht einen etwas dauerhafteren Platz im Pop-Olymp gesichert. Ihr nach wie vor in einer gefühlten Endlosschleife laufender Evergreen wird möglicherweise noch in jenen fernen Zeiten den beginnenden Herbst verkünden, wenn die längst in Vergessenheit geratene Spears nur noch bei Möbelhauseröffnungen Werbegeschenke an ihre treuesten Bewunderer verteilen darf.
Eine deutsche Coverversion des Liedes ist uns bis heute erspart geblieben(?), sonst hätten wir ungefähr wie folgt hören müssen:
„Jetzt regnet es mehr als je zuvor
Ich weiß, dass wir immer noch uns haben
Du kannst unter meinem Regenschirme stehen
Du kannst unter meinem Regenschirme stehen „