„Kingsman“ – Achtung: Regenschirme

Mit einer temporeichen Hommage an Regenschirme und die altehrwürdigen James-Bond-Klassiker bringt Regisseur Matthew Vaughn in Kingsman: The Secret Service den Typus des Gentleman-Geheimagenten auf die Leinwand zurück. Als Mitglied eines unabhängigen internationalen Geheimdienstes erweist sich der stets perfekt gekleidete und mit besten Manieren ausgestattete Harry Hart (Oscar-Preisträger Colin Firth) als ein umgänglicher Zeitgenosse. Bis sich zur Bekämpfung des nach der Weltherrschaft trachtenden Milliardärs und Oberschurken Valentine (Samuel L. Jackson) der Einsatz des griffbereiten Regenschirms erforderlich macht.

In guter alter James-Bond-Manier sind zugleich kugel- wie zielsichere Hightech Regenschirme aber natürlich als nur einige von zahlreichen „Gadgets“, die dem Helden bei der Verteidigung der bewährten Ordnung hilfreich zur Seite springen: Das im Hinterzimmer des Schneidergeschäfts „Kingsman“ verborgene Lager an Spezialwaffen hat von der Lippenstift-Handgranate bis zum obligatorischen Spezial-Füller erwartungsgemäß alles zu bieten, was das Herz sämtlicher Actionfans höher schlagen lässt. Den obskuren Absichten des Milliardärs Valentine ist es zu danken, dass Harry Hart und sein Schützling Gary „Eggsy“ Unwin (Taron Egerton) das ihnen zur Verfügung gestellte Arsenal bald ohne falsche Scheu zum Einsatz bringen dürfen – schließlich zählt wieder einmal jede Minute, um Millionen Menschen vor dem sicheren Tod zu retten.

Action-Kenner dürfen in Erinnerungen schwelgen

Als Liebeserklärung an das Genre des Actionfilms scheint Kingsman anfänglich jedoch vor allem bei „Men in Black“ in die Lehre zu gehen; nach dem gewaltsamen Tod des altgedienten Lancelot (Jack Davenport) macht sich nämlich auch hier zunächst einmal die Rekrutierung von unverbrauchtem Geheimdienst-Nachwuchs erforderlich. Mit dem jungen „Eggsy“ zieht Harry Hart bald einen kongenialen Partner an Land, der seine hohe Intelligenz und sein gesteigertes Selbstbewusstsein zuvor ausschließlich für kleinkriminelle Tätigkeiten zu nutzen wusste.

Im Gegensatz zu Will Smith alias Agent J muss Gary Unwin bei der Ausbildung zum Kingsman allerdings reichlich Blut und Wasser schwitzen, bis auch beim ihm allmählich der Gentleman zum Vorschein kommt: Schnell wird deutlich, dass es dann offensichtlich doch etwas mehr als nur eines maßgefertigten Anzugs und eines Regenschirms bedarf, um sich des ganz besonders geheimen Geheimdiensts als würdig zu erweisen. Bevor es jedoch schon im Verlauf der Geheimagenten-Lehre zum Action-Burnout kommen kann, tritt endlich Bösewicht Valentine auf dem Plan, der einem nicht unerheblichen Teil der Menschheit mit codierten Handychipkarten nach dem Leben trachtet.

Screenshot SZ: Lektionen mit dem Regenschirme

SZ: Lektionen mit dem Regenschirm

Anzüge und Stockschirme bleiben unbefleckt

Selbst, dass es bei der auf einem Comic von Mark Millar beruhenden Handlung nicht immer ganz schlüssig zur Sache geht, scheint den großen Vorbildern des Genres zu entsprechen – zumal es Matthew Vaugh gekonnt gelingt, in das prinzipiell vorhersehbare Geschehen immer wieder überraschende Momente einzubauen. Aufgrund des Hommage-Charakters kann es sich der Film obendrein leisten, stets auch mit einem Augenzwinkern auf die rasanten Entwicklungen zu schauen: Folglich ist die amerikanisch-britische Produktion irgendwo zwischen Thriller und Komödie angesiedelt.

Dieser Mischung ist es wohl auch geschuldet, dass während der gesamten 94 Minuten kein einziger Blutstropfen die Leinwand verziert. Obwohl es im Verlauf der Handlung erwartungsgemäß unzählige Opfer zu beklagen gibt, werden hier Freund und Feind derart klinisch rein beseitigt, dass man fast schon um den Berufsstand des Tatortreinigers fürchten muss. Die FSK-Freigabe ab 16 Jahren kommt natürlich dennoch nicht von ungefähr: Da sich in diesem frei finanzierten Werk kein Hollywood-Studio um die Familientauglichkeit sorgen musste, mutet der Streifen in seinen actionlastigsten Momenten wie ein einziges großes Gemetzel an.

Dass sich der am 12. März in Deutschland gestartete Film in den aktuellen Kinocharts Konkurrenten wie „Shaun das Schaf“ oder „Cinderella“ relativ deutlich geschlagen geben muss, dürfte ein entscheidender Hinweis sein, warum Kingsman jenseits der Blockbuster-Industrie das Licht der Leinwand erblickte. Mit einem weltweiten Umsatz von über 200 Millionen Dollar wussten die Actionfans den betriebenen Aufwand dennoch zu schätzen – nach wie vor mangelt es offensichtlich nicht an Cineasten, die sich für die neuesten Entwicklungen auf dem Markt für getunte Regenschirme interessieren.

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